Rüstung Heinrich VIII. von 1540

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Rüstung Heinrich VIII. von 1540

Die Rüstung Heinrich VIII. von 1540 ist eine englische Kriegs- und Turnierrüstung und eine Rüstungsgarnitur, die im Jahre 1540 in den Greenwich-Almain-Workshops für Heinrich VIII. gefertigt wurde. Es wird angenommen und ist wahrscheinlich, das die Garnitur für das Turnier vom 1. bis 5. Mai 1540, anlässlich der Feierlichkeiten zum "May Day" (engl., erster Maitag) gefertigt worden ist. Zu den Feierlichkeiten wurden Turniere zu Pferd und auch Fußturniere abgehalten und die beiden Turniere in Januar und Mai 1540 waren die letzten an denen Heinrich VIII. anwesend war. Es ist jedoch nicht festzustellen ob er an diesen Turnieren als Kämpfer teilgenommen hat, da er schon ein Alter von 49 Jahren erreicht hatte und sein körperlicher Zustand dies auch unwahrscheinlich macht. In dem Inventar des königlichen Besitzes ist die Rüstung im Jahre 1547 mit der Beschreibung "‘Complete harness parcell graven and gilte with all manner of pieces of advantage for the field Tilte Turney and foot" aufgeführt, was eine sichere Zuordnung zu Heinrichs Besitz ermöglicht.

Beschreibung[Bearbeiten]

Wechselteile der Rüstung in den Royal Armouries

Die Rüstung Heinrich VIII. von 1540 besteht aus einem Visierhelm mit einer Verstärkung im Bereich der Stirn, einem Bart, Brust- und Rückenpanzer, kompletten Armzeug mit linksseitigem Brechrand, kürzere Tassetten, einer Schamkapsel und Beinzeug, die Füße sind mit Lederstiefeln bekleidet. Von den Verstärkungs- oder Wechselteilen sind noch ein Rennhut, ein schwerer, halber Bart mit einer rechtsseitigen Luftgebe, der mit einem massiven Brustschild mit rechtem Brechrand verschraubt ist, ein großer linker Ellbogenpanzer der bis zur Schulter reicht, einem anschraubbaren Rüsthaken auf der rechten Seite, ein Unterbauchschutz, eine verstärkte linke Hentze mit einer Stielscheibe, ein rechter, verriegelbarer Panzerhandschuh für den Schwertkampf vom Pferd, verstärkte Tassetten und ein Kniepanzer der nur das Knie abdeckt, erhalten.

Die Rüstung hat eine Konstruktionseigenart, die man an mehreren Harnischen Heinrichs und anderen Rüstungen findet, die in den Greenwich-Workshops hergestellt wurden. Die innere Brustplatte ist mit einem System von Lederriemen überzogen, die den Zweck haben das Gewicht der Rüstung auf die Schultern zu verteilen. Somit ist es möglich auch schwere Rüstungen zu tragen, ohne schnell zu ermüden. Diese Entwicklung findet sich unter anderem an Heinrich VIII."Genouilhac-Rüstung" sowie an der Arkebusierrüstung Pedro II., Diese Entwicklung der Greenwich Workshops wurde wahrscheinlich nur in diesen drei Rüstungen verwendet und ist wohl einzigartig. Die rechte Achsel ist asymetrisch gearbeitet um Platz für den Schaft der Turnierlanze in angelegtem Zustand zu bieten. An der Verstärkungsplatte für das Fußturnier, die leider nicht mehr erhalten ist, wird die Achsel symetrisch, also ohne den Ausschnitt für die Lanze vorhanden gewesen sein, wohl so wie es bei Heinrich VIII."Genouilhac-Rüstung" an den Platten noch vorhanden ist. Die Panzerstiefel für die Rüstung sind ebenfalls nicht mehr erhalten. Es ist überliefert das Francois I. diese Konstruktionsart 1520 an Heinrich VIII. und dessen Plattner in den Workshops weitergegeben und so ein Geheimnis verraten hat, um Rüstungen für Heinrich zu fertigen.

Ebenfalls ungewöhnlich ist auch die Gestaltung der Schamkapsel. Diese ist nicht nur sehr groß gestaltet, was nicht ungewöhnlich ist das diese auch an zivilen Kleidungsstücken angebracht war und bei den Hofdamen sehr beliebt war, zudem auch dem Ansehen des Trägers zugute kam. An der Rüstung ist die Schamkapsel so gestaltet, das die rechte und linke Seite mit den Panzerplatten recht und links locker verbunden und gestützt oder gesichert ist, was normalerweise nicht der Fall war. Im Turnier zu Fuß wurde diese zusammen mit einem zusätzlichen Rüstungsring ("Culèt") am unteren Ende des Brustpanzers getragen, der den Unterbauch, als auch den unteren Rückenbereich um das Steißbein schützte. Die Befestigung am Körper geschah durch das Innenpolster der Schamkapsel, an denen stabile Stoffbänder befestigt waren, die am Körper festgezurrt wurden.

  • Dekoration

Die Dekoration des Harnischs und der Wechselstücke basiert auf einem Entwurf des deutschen Malers Hans Holbein dem Jüngeren, der von 1536 bis 1539 als Heinrich VIII. Hofmaler arbeitete und auch diese und andere Dekorationen für Rüstungen entwarf, wie auch aus Holbeins "Englischem Skizzenbuch" zu Belegen ist, das in den Sammlungen des Kunstmuseum Basel, im "Amerbachkabinett" erhalten wird. Die Dekorationen bestehen aus Blattwerk und Ranken, Männerfiguren mit menschlichen Oberkörpern und Fischschwänzen, bewaffnet mit Bögen, geflügelten Engeln oder Putten, Tritonshörnern, geflügelten Cheruben und Meerjungfrauen. Auf der einen Brustplatte ist das Wappen Englands angebracht, das von Meermännern bewacht wird, während auf der anderen das Wappen Heinrichs angebracht ist, das von ähnlichen Figuren bewacht wird.

Ausgeführt würden die Ätz- und Gravurarbeiten wahrscheinlich von Giovanni di Maiano, einem italienischen Künstler, der um 1540 in den Diensten Heinrich VIII. stand. Als anderer ausführender Künstler käme auch Francis Quelblaunce in Frage, der noch 1539 als "Vergolder und Graveur der königlichen Rüstungen" genannt wurde. Das Herstellungsjahr 1540 ist in die Vorderseite des Ringkragens eingeschlagen.

  • Herstellung

Hergestellt wurde die Rüstungsgarnitur von dem Plattner Erasmus Kyrkenar, der zur Herstellungszeit 1540, der leitende Meister der Greenwich-Almain-Workshops war und auch der verantwortliche Meister für die Herstellung dieser Rüstung. Kyrkenar übernahm die Leitung der Workshops von Plattnermeister Martin van Royne (auch "Old Martin" genannt), wann ist nicht bekannt, da keine Listen der Angestellten der Workshops zwischen 1521 und 1540 erhalten geblieben sind. Gesichert ist aber das van Royne in späteren Jahren immer noch auf der Lohnliste geführt wurde, zwar an zweiter Stelle der Meister, aber immer noch mit einer höheren Bezahlung als Erasmus Kyrkenar, möglicherweise als Pensionär oder aber auch als Meister-Emeritus.


Die Rüstung gelangte 1644 in die Royal Armourie in London, wo sie lange Zeit erst anderen Eigentümern zugeordent wurde, aber durch die Arbeiten von Dr. Meyerink, dem Kurator der Armouries und Neuordner der "Line of Kings", endgültig Heinrich VIII. zugeordnet werden konnte[1], [2].

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Beschreibung der Rüstung auf der Website der Royal Armouries London, (engl., eingesehen am 19. Dezember 2013)
  2. Great Britain. Dept. of the Environment: Armours of Henry VIII, Treasures of the Tower. H.M.S.O., 1977, S. 19–22.

Literatur[Bearbeiten]

  • Robert Wilkinson-Latham: Phaidon guide to antique weapons and armour. Phaidon, 1981, ISBN 978-0-7148-2173-3.

Weblinks[Bearbeiten]

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